Alternativkandidat Kennedy Jr. Der Donald Trump der Linken

Von Helene Laube

15.4.2024

Der Neffe des wohl berühmtesten US-Präsidenten aller Zeiten will ins Weisse Haus. Dafür versucht sich Robert F. Kennedy Jr. – bis vor Kurzem ein überzeugter Demokrat – Parteilosen und nun sogar Trump-Wählern schmackhaft zu machen. Eine Reportage aus Oakland.

Helene Laube

15.4.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Robert F. Kennedy Jr. bewirbt sich um die Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2024 in den USA.
  • Der Kennedy-Spross plante zuerst, für die Demokraten gegen Präsident Joe Biden anzutreten.
  • Im Oktober gab der 70-Jährige bekannt, dass er aus der Demokratischen Partei ausgetreten ist und als Parteiloser ins Rennen geht.
  • Im März hat er sich die schwerreiche Anwältin, Philanthropin und frühere Silicon-Valley-Unternehmerin Nicole Shanahan (38) als Vizepräsidentschaftskandidatin an seine Seite geholt.
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Der Esel und der Elefant, die Parteisymbole der Demokratischen und Republikanischen Partei der Vereinigten Staaten von Amerika. (KEYSTONE/GERHARD RIEZLER)
J. David Ake/AP/dpa

Die Fans von US-Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy Junior stehen zuerst fast zwei Stunden lang Schlange – neben einem Drahtzaun hinter dem Zelte und Wohnmobile in erbarmungslosem Zustand kauern, überall liegt Schrott und Müll. Immerhin, die kalifornische Sonne scheint, von den Obdachlosen ist nichts zu sehen. Die Wartenden können die Misere rund um das im Umbau befindliche Henry J. Kaiser Center for the Arts in Oakland an der Bucht von San Francisco an diesem Dienstagmorgen Ende März also tunlichst ignorieren.

Endlich in die umfunktionierte Sporthalle eingelassen, müssen sie geschlagene zwei Stunden warten, bis sie den Kandidaten zu Gesicht bekommen. Zuerst bringen sentimentale Country-Musik und Videos mit stimmungsvollen Bildern des fotogenen Kennedy-Clans die Leute auf Touren. Dann federt ein Reigen illustrer Einheizer*innen auf die Bühne, wo sie den Kennedy-Spross als gegen die korrupten Establishment-Politiker und Bundesbehörden in Washington ankämpfenden Underdog skizzieren.

Zuerst kommt die QAnon-Verschwörungsideologin, frühere Trump-Anhängerin und Reality-TV-Schauspielerin Angela Stanton-King zu Wort. Auf sie folgt Dr. Jay Bhattacharya von der renommierten Stanford Medical School, der die Wirksamkeit von Lockdowns für die Gesamtbevölkerung während der Pandemie infrage stellte und vergangenes Jahr den republikanischen Gouverneur Floridas, Ron DeSantis, bei seinem erfolglosen Versuch im Rennen um die US-Präsidentschaft unterstützte.

So richtig für Stimmung im Saal sorgt dann Del Bigtree, einer der wichtigsten Player im Reich der international vernetzten Impfgegner. Der Produzent des Antiimpf-Films «Vaxxed» ist Chef einer der grössten und kapitalkräftigsten US-Antiimpf-Organisationen: dem Informed Consent Action Network. Im Januar holte Kennedy Bigtree als Kommunikationschef für seine Wahlkampfkampagne ins Team.

Vom lebenslangen Demokraten zum Parteilosen

Kennedy war vor Jahren das letzte Mal in Oakland, im Zusammenhang mit der von ihm losgetretenen, überaus erfolgreichen Prozesslawine gegen die Bayer-Tochter Monsanto und deren weltweit tonnenweise versprühten Glyphosat-Unkrautvertilger Roundup. Heute ist der einst führende US-Umweltanwalt aus Los Angeles gekommen, um anzukündigen, wer als «running mate» an seiner Seite in den erbittert geführten US-Wahlkampf 2024 ziehen wird.

Kennedy, ein lebenslanger Demokrat, kündigte seine Kandidatur für die US-Präsidentschaft vor einem Jahr an. Ursprünglich wollte er für die demokratische Partei von Amtsinhaber Joe Biden ins Rennen gehen. Im Oktober schied er aus der Partei aus und kandidiert seitdem als Parteiloser gegen die voraussichtlichen Kandidaten Biden und dessen Vorgänger, den Republikaner Donald Trump. Kennedy ist einer von vielen Drittkandidaten, aber keiner ist so prominent, hat einen klangvolleren Namen und derart Zulauf.

Das hat vor allem viel damit zu tun, dass Robert F. Kennedy Jr. – von Freunden und Fans RFK Jr. oder Bobby genannt – zur legendärsten politischen Dynastie Amerikas gehört. Er ist der Neffe von Präsident John F. Kennedy. Sein Vater Robert F. Kennedy diente als Justizminister und US-Senator, bevor er sich 1968 um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bewarb.

Sein Onkel wurde 1963 bei einem Attentat in Dallas getötet, sein Vater 1968 bei einem Attentat in Los Angeles. RFK Jr. profilierte sich später als Umweltaktivist, Anwalt und Autor, der für sauberes Wasser und andere Umweltanliegen gegen mächtige Konzerne und Behörden in die Schlacht zog.

Oft links, manchmal libertär und gerne auch mal rechts

Seit ein paar Jahren macht Kennedy vor allem mit seinem Hang zu «alternativen Fakten» und als lautstarker Impfgegner Schlagzeilen – im Widerspruch zum wissenschaftlichen Konsens. Er nutzte seine Plattform als erfolgreicher Umweltanwalt, um für «Impfskepsis» (Kennedy) zu werben, seine Kritiker nennen es «Anti-Impf-Propaganda». Kennedy ist seit Jahren eine führende Figur der Impfgegner-Szene.

Das als elitenkritische und rebellisch auftretende Mitglied einer der privilegiertesten Familien in Amerika punktet bei vielen verdrossenen Demokrat*innen und Republikaner*innen. Politisch ist Kennedy immer schwerer zu verorten. Er ist grün und oft links, manchmal libertär und gerne auch mal etwas rechts. Häufig argumentiert er im Bereich von Verschwörungsmythen.

Als parteiloser Kandidat hat er seine Positionen ausweiten müssen, um Wählergruppen ausserhalb des innerparteilichen Rennens anzusprechen. Er thematisiert Anliegen von konservativen Amerikaner*innen – und Trump-Anhänger*innen – und scheut dabei zum Entsetzen vieler nicht davor zurück, wie Trump zu klingen. So gelobt er etwa wie der Ex-Präsident die Grenze zu Mexiko «abzuriegeln», um Migranten fernzuhalten oder die strafrechtliche Verfolgung der Pro-Trump-Randalierer zu untersuchen, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington angriffen, um das Wahlresultat zu kippen und Trump eine zweite Amtszeit zu ermöglichen. Wie der «America First»-Kandidat gibt er sich isolationistisch und beklagt die angebliche Zensur der Medien und sozialen Medien.

Trump nennt Kennedy einen «closet liberal»

Die Demokraten haben Kennedy als verkappten Rechten ausgemacht, Trump schimpft ihn längst einen «closet liberal», zu Deutsch «heimlicher Linker». Seine ehemaligen Parteikollegen kritisieren ihn nicht nur wegen der Verbreitung immer absonderlicherer Verschwörungsmythen, sondern auch wegen des Kontakts zu Politikern der extremen Rechten.

Kennedys eigenen Geschwister distanzieren sich von ihm. Seine Entscheidung, nicht als Demokrat gegen Joe Biden anzutreten, sei «gefährlich für unser Land», schrieben sie in einer auf X veröffentlichten Stellungnahme, in der sie seine Kandidatur «verurteilen».

So manche seiner Positionen und Aussagen dürften Kennedy für viele Demokraten unwählbar machen: Er hält öffentliche Gesundheitspolitik für falsch, weil er laut Eigenaussage die Macht der Pharmakonzerne einschränken will. Er verbreitet den wissenschaftlich widerlegten Mythos, dass Impfungen Autismus auslösen.

Kennedy gehört der sogenannten Bewegung für medizinische Freiheit an, die gegen gesundheitspolitische Massnahmen und Impfauflagen ist und die – auch in Europa – Menschen mit den unterschiedlichsten politischen Überzeugungen anzieht, die der Medizin und Wissenschaft ablehnend gegenüberstehen.

Zugleich dürfte ihn sein Wahlprogramm bei vielen Konservativen disqualifizieren: Kennedy tritt für deutlich mehr Umweltschutz und Datenschutz ein, will die Überwachung zurückfahren, den landesweiten Mindestlohn auf 15 Dollar erhöhen und die Kosten für den Kauf eines Eigenheims senken.

Er verspricht, die öffentliche Kinderbetreuung auszubauen, die Gewerkschaften zu stärken und die Macht der Lobbyisten von Konzernen zu beschneiden. Finanzieren will Kennedy das unter anderem mit eingedampften Verteidigungsausgaben.

Angst vor Drittkandidaten

Die beiden ältesten Präsidentschaftskandidaten in Amerikas Geschichte und deren Parteien treiben viele desillusionierte Wähler in die Arme von Alternativkandidaten – oder ganz weg von der Urne. Seit Jahrzehnten haben sie die Spaltung in der Gesellschaft immer mehr zum Thema gemacht und sie dadurch verschärft.

Das rächt sich nun.

Im Zweiparteiensystem der USA hat es ein Drittkandidat aber noch nie an den Demokraten und Republikanern vorbei ins Weisse Haus geschafft. Auch Kennedys Chancen, diese Tradition zu brechen, wird von Beobachtern als gering eingestuft. Dennoch bergen die dritten Kandidaten grosse Risiken – sowohl für Biden als auch für Trump, die von der Mehrheit der Wähler abgelehnt werden.

Da das Rennen zwischen den beiden im November vor allem in den «Swing States» sehr eng werden dürfte, könnten solche Kandidaten – und vor allem ein Kennedy – das Ergebnis beeinflussen. Bei Präsidentschaftswahlen gilt in fast allen Bundesstaaten das «Winner Takes All»-Prinzip: Der Erfolg kann noch so knapp sein, sämtliche Wahlleute dieses Teilstaats gehen an den Sieger. Als Parteiunabhängiger zieht Kennedy ungewöhnlich viele Wähler an. In Umfragen liegt er im Schnitt bei etwa zehn Prozent.

Der parteilose Robert F. Kennedy Jr. (r.) präsentiert in Oakland Nicole Shanahan, mit der er in das Rennen um die US-Präsidentschaft gehen will. (26. März 2024)
Der parteilose Robert F. Kennedy Jr. (r.) präsentiert in Oakland Nicole Shanahan, mit der er in das Rennen um die US-Präsidentschaft gehen will. (26. März 2024)
Bild: Keystone/AP Photo/Eric Risberg

Aus Angst, dass Kennedy Stimmen von Biden abgraben könnte, versuchen die Demokraten mit diversen Mitteln zu verhindern, dass dieser es in allen 50 Teilstaaten auf die Wahlzettel schafft. Bisher steht Kennedy lediglich auf Stimmzetteln in Utah. Angaben seiner Kampagne zufolge hat er genügend Unterschriften, um es auch in Hawaii, Idaho, Nevada, New Hampshire und North Carolina zu schaffen.

Mehrere schwerreiche Trump-Wahlkampfspender geben auch Kennedy Geld, um Biden zu schaden. Aber Verbündete von Trump greifen Kennedy auch an – ein Zeichen für die Unsicherheit darüber, wie die Wählerschaft auf eine wenig aussichtsreiche Kandidatur eines Unabhängigen reagiert, die aber Stimmen von Trump und Biden abziehen könnte.

Kennedy zieht – nicht nur – Impfgegner an

Kandidaten wie der Kennedy-Spross motivieren aber auch viele Amerikaner*innen, die den Präsidentschaftswahlen teils jahrelang fernblieben, weil ihnen die Kandidaten der Demokraten und Republikaner missfielen – genauso wie die Neuauflage von Biden vs. Trump viele Amerikaner*innen frustriert.

Eine ist Maggie, die – eine US-Flagge schwenkend – auf Kennedys Auftritt wartet. «Ich habe seit Jahren nicht mehr an der Hauptwahl teilgenommen, weil meine bevorzugten Kandidaten vorher ausgeschieden waren», sagt Maggie, die ihren Nachnamen nicht in den Medien lesen will. An «Bobby» mag sie, dass dieser sich gegen Impfvorschriften einsetzt, sagt die Mutter von zwei Kindern, die mit ihrem Partner nach Oakland gekommen ist.

Sie gehört zu einer nicht zu vernachlässigenden Gruppe der Kennedy-Basis: Eltern, die Kinderimpfungen gegenüber skeptisch eingestellt sind oder diese ganz ablehnen, genauso wie das gesamte «medizinische Establishment, das Kindern Behandlungen aufdrängt». Dem Jubel nach zu schliessen, der bei jeder Impf-Bemerkung der Redner aufbrandet, sind die Impfskeptiker und -gegner gut vertreten in der halb vollen Halle.

Karen Motlow jedenfalls hofft auf einen Sieg Kennedys, weil «wir sonst erledigt sind», sagt die 71-Jährige. «Aber die Menschheit ist ohnehin erledigt, weil so viele Menschen eine synthetisch-genetische Impfung bekommen haben, die ein HIV-Plasmid enthalten», schiebt sie eine in Covid-Impfgegnerkreisen kursierende Behauptung nach und verschwindet in der Menge, bevor nachgehakt werden kann.

«Er ist ein Zionist geworden»

Tina Kimmel, die als Freiwillige die Kennedy-Kampagne beim Aufbau der kalifornischen Partei «We The People» unterstützt, ist ebenfalls seit Jahrzehnten aktive Impfgegnerin und wählt schon immer Kandidaten von Drittparteien. Bei Kennedy gefallen ihr etwa Ansagen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, für den er die USA mitverantwortlich macht.

Kimmel echauffiert sich jedoch darüber, dass Kennedy kürzlich in einem Interview Israel und den Krieg in Gaza unterstützte. «Er ist ein Zionist geworden – vermutlich, weil man ihn bedroht», mutmasst Kimmel, die ein Palästinensertuch um die Schultern trägt. «Ich bin jüdisch, es ist also ok, wenn ich antisemitisch klinge.»

Nicht alle Kennedy-Unterstützer sind Impf- und Schulmedizinskeptiker oder Anhänger von Verschwörungsmythen, auch nicht auf der Wahlkampf-Veranstaltung in Oakland. Eine Frau stellt sich dazu und widerspricht Kimmel entschieden. «Ich bin für das Recht Israels, sich nach dem Terrorangriff zu verteidigen, aber ich finde Kennedys Antiimpf-Theorien problematisch», sagt die Frau, die ihren Namen nicht nennen will. «Aber deshalb bin ich heute hier – ich will mehr über ihn erfahren.» Sie ist wie so manche Kennedy-Unterstützer*innen eine langjährige Demokratin.

Kennedy erhält Umfragen zufolge aber auch Rückhalt von Unabhängigen und Libertären. Letztere sind generell gegen staatliche Einmischungen ins private Leben und in der Wirtschaft und wollen den Staat sehr stark beschränken oder gänzlich abschaffen.

Provokante Podcasts mit Rechtspopulisten

80 Minuten nach Programmstart und einer kurzen Ansprache seiner Frau – der aus der Kultserie «Curb Your Enthusiasm» bekannten Schauspielerin Cheryl Hines – erscheint Kennedy endlich auf der Bühne. Unter Jubel setzt er zu einer mäandernden Rede an, in der er seine Kandidatur vor allem als eine Chance für desillusionierte Wähler formuliert.

«An die 70 Prozent der Amerikaner sagen, dass sie nicht zwischen Präsident Trump und Präsident Biden wählen wollen. Sie wollen nicht das geringere von zwei Übeln wählen», ruft Kennedy mit seiner angestrengten, heiseren Stimme ins Publikum. Er leidet an der seltenen neurologischen Krankheit spasmodische Dysphonie. Die Erkrankung, auch Sprechkrampf genannt, führt er ohne wissenschaftliche Basis auf die Grippeschutzimpfung zurück.

Kennedy wiederholt vor den gut 200 Leuten im Saal nicht die meisten seiner kontroversen, in Artikeln und provokanten Interviews und Podcasts mit Rechtspopulisten wie Steve Bannon aufgestellten Behauptungen. Etwa, dass WLAN Krebs und «undichtes Gehirn» verursacht. Dass Antidepressiva an Schulmassakern schuld sind und Chemikalien im Wasser aus Kindern Transgender machen können. Und immer wieder sinniert Kennedy darüber, dass das HI-Virus möglicherweise nicht der Auslöser von AIDS ist.

Für keine dieser Behauptungen existieren wissenschaftliche Grundlagen. Und doch: Kennedys Kampagne baut auch auf diesen Verschwörungsmythen auf und auf der Behauptung, dass Kritik an diesen Mythen oder sie auf Fakten zu überprüfen, auf Zensur hinauslaufen.

Mit junger Silicon-Valley-Insiderin als Vize ins Rennen

Nach einer gefühlten Ewigkeit kündigt Kennedy endlich seine Kandidatin für die Vizepräsidentschaft an: Nicole Shanahan, eine in Oakland geborene Anwältin und Unternehmerin, die ihr auf Patent-Management und KI spezialisiertes Start-up vor vier Jahren verkaufte. Die Silicon-Valley-Insiderin werde der «Wall Street, den Kapitalisten der Günstlingswirtschaft und Big Tech im Silicon Valley» die Stirn bieten, sagt Kennedy.

Er habe sich unter anderem auch für die 38-Jährige entschieden, um jüngeren Wählenden und den vielen in Armut lebenden Erwerbstätigen («working poor») eine Stimme zu geben – zwei weitere Gruppen, auf die der 70-Jährige für seine Kandidatur baut. «Ich will, dass Nicole ein Champion ist für die wachsende Anzahl von Millennials und Generation Z in Amerika, die den Glauben an ihre Zukunft und den Stolz auf ihr Land verloren haben», so Kennedy.

Shanahan wäre die zweitjüngste Vize in der US-Geschichte. Sie wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Ihre Eltern – die aus China eingewanderte Mutter und der Vater irisch-deutscher Abstammung – hatten immer wieder Mühe, ausreichend Geld für Essen zusammenzukratzen. Die Familie war deswegen auf Essensmarken angewiesen, wie Shanahan sagt, als Kennedy sie endlich auf die Bühne bittet.

Aber das ist lange her. Heute ist Shanahan schwerreich – und somit vor allem auch eine Geldquelle für Kennedy, der nur schon sehr viel Geld braucht, um es in allen Teilstaaten auf die Wahlzettel zu schaffen. Die Philanthropin, die wie Kennedy noch kein politisches Amt bekleidet hat, hat mit ihrem Start-up viel Geld gemacht, zudem war sie bis vor Kurzem mit dem Google-Mitgründer und Milliardär Sergey Brin verheiratet.

Über ihre gut kapitalisierte Stiftung finanziert sie seit mehreren Jahren Forschung in Bereichen wie Gesundheit und Umwelt – Eckpfeiler von Kennedys Wahlprogramm. Die Kandidatin für die Vizepräsidentschaft hat Kennedys Kampagne bereits weit über vier Millionen Dollar gespendet.

Aufruf an desillusionierte Demokraten – und Republikaner

Als sie endlich am Mikrofon steht, schliesst Shanahan sich vielen von Kennedys Wahlkampfthemen an: Impfskepsis, Skepsis über die Wirksamkeit von «pharmazeutischer Medizin», Bedenken hinsichtlich chronischer Krankheiten, Pestizide, genetisch veränderter Nahrungsmittel und Korruption. Beide Parteien hätten es versäumt, ihren Job zu machen und hätten so zum Abstieg Amerikas beigetragen, sagt Shanahan.

«Falls du einer dieser desillusionierten Republikaner bist, lade ich dich ein, dich mir – einer desillusionierten Demokratin – in dieser Bewegung für die Vereinigung und Heilung von Amerika anzuschliessen», ruft sie dem Publikum zu.

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Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Zweieinhalb Stunden später neigt sich die Veranstaltung dem Ende zu, die Leute strömen bewaffnet mit Kennedy-Shanahan-Wahlschildern, Kennedy-T-Shirts, -Baseballmützen, -Stoffbeuteln und -Ansteckern hinaus in die Sonne.

Vor dem Gebäude, das ironischerweise 1918 während der schlimmsten Influenza-Pandemie der Geschichte als behelfsmässige Krankenstation diente, hält ein Lastwagen mit drei riesigen Bildschirmen, aus Lautsprechern plärrt Musik. In Werbevideos sind Kennedy und Shanahan zu sehen, mit der Botschaft: «RFK Jr. nimmt Millionen von Dollar von MAGA/Trump-Spendern ein.» Bezahlt hat sie das nationale Organisationsgremium der Demokraten.

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