Mitte-Partei in der Kritik Freiburg sparte Millionen bei Medis, doch der Bund greift ein

aru

9.4.2024

Ein erfolgversprechendes Modell zum Einsparen von Medikamentenkosten wurde 2018 eingestampft. Nun sollte es wiederbelebt werden – doch es stösst auf Widerstände.

aru

9.4.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Kanton Freiburg wurde ein Modell in Alters- und Pflegeheimen eingeführt, wonach Grosspackungen an Medikamenten für alle Bewohner*innen anstelle von Kleinpackungen für jeden einzelnen gekauft wurden.
  • Damit liessen sich Millionen von Franken einsparen. Doch 2018 musste das System sistiert werden, weil sich die nationale Gesetzgrundlage änderte.
  • Besonders die Mitte spielte dabei eine tragende Rolle, weil sie das Zünglein an der Waage bei der Abstimmung im Ständerat spielte.

Das Hin und Her um ein System zum Einsparen von Medikamentenpreisen sorgt derzeit für rote Köpfe in Bern. Wie die Zeitungen von CH Media berichten, spielt besonders die Mitte-Partei, deren Kostenbremse-Initiative im Juni vors Volk kommt, eine zentrale Rolle dabei.

2002 führte der Kanton Freiburg ein System ein, mit dem Medikamentenkosten eingespart werden konnten. Vereinfacht führten Alters- und Pflegeheime eine grosse Apotheke für alle Bewohner*innen. Man erwarb eine Grosspackung eines Schmerzmittels, anstatt jede*r Patient*in eine eigene Schachtel zu verteilen.

Weil die Ausgaben pauschal vergütet wurden, mit 5.50 Franken pro Person und Tag, waren die Heime dazu angehalten, die Kosten tief zu halten. Das System hatte Erfolg: 2016 betrugen die Kosten pro Person und Tag 4.80 Franken. Das schweizweite Niveau war auf 8.55 Franken. Wie CH Media schreibt, wurden pro Jahr 3,4 Millionen Franken eingespart.

Ständerat gegen die Standesinitiative

Eine Änderung beim Risikoausgleich brachte dem Modell 2018 ein jähes Ende. Denn seither muss die Menge an Medikamenten für jede versicherte Person gemeldet werden. Beim Freiburger Modell liess sich also keine Lösung finden.

Damit das Modell wieder durchgeführt werden kann, reichte der Kanton Freiburg eine Standesinitiative in Bern ein, die eine erneute Gesetzesänderung forderte. Der Nationalrat stimmte der Vorlage zu, der Ständerat verwarf das Anliegen aber äusserst knapp mit 21 zu 20 Stimmen.

«Das ist eine verpasste Chance», sagt die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi. Weiter hätte das System auf die Schweiz ausgerollt werden können. Besonders in der Verantwortung sieht Gysi die Mitte-Partei: «Der Fall ist exemplarisch: Immer wieder scheitern konkrete Massnahmen zur Kostendämpfung nicht zuletzt an der Mitte-Partei, die mit ihrer populistischen Initiative vorgibt, sich für Kostensenkungen einzusetzen.»

Erich Ettlin ist einer von jenen Mitte-Ständeräten, die sich gegen die Standesinitiative aussprachen. Gysis Vorwürfe weist er zurück und betont, dass niemand am Nutzen des Freiburger Modells zweifelt. Dieses sei der richtige Weg.

Es brauche keine Zeichen

Das Bundesamt für Gesundheit habe aufzeigen können, dass es für die Umsetzung des Freiburger Modells keine Gesetzesänderung brauche. «Lediglich ein Zeichen zu setzen, wäre nicht konsequent gewesen», meint Ettlin.

Doch warum wurde das Freiburger Modell nicht fortgeführt, wenn dies doch möglich ist? Die Tarifpartner würden sich dafür gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, schreibt CH Media. Die Krux dabei sei, dass die Vorgaben des Risikoausgleichs eingehalten werden müssen, die Krankenkassen aber keinen zusätzlichen Administrativ-Aufwand wollen.

Ausserdem laufe derzeit eine parlamentarische Initiative zu diesem Thema. Weiter sei ein Kostendämpfungspaket derzeit im Parlament. Es sei also gut möglich, dass das Modell irgendwann wieder aus der Mottenkiste geholt wird.